Praxishilfen Landwirtschaft

Allgemeine Informationen:

Bedingt durch das milde Klima und fruchtbare Böden sind die landwirtschaftlichen Bedingungen in der Gemeinde Grafschaft ideal. Dies führt zu einem vergleichsweise hohen bis sehr hohen Anteil der landwirtschaftlich genutzten Flächen innerhalb der Gemeinde Grafschaft von 63% im Jahr 2015.

Im Bundesdurchschnitt wird in etwa die Hälfte der Fläche landwirtschaftlich genutzt, ein drittel der Bundesfläche ist bewaldet. In der Gemeinde Grafschaft beträgt der Waldanteil knapp 19% und liegt damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.

Der Anteil der Siedlungsfläche in der Gemeinde Grafschaft beträgt 16,5%. Im deutschlandweiten Vergleich ist der Anteil der Siedlungs- und Verkehrs-Fläche in der Grafschaft hoch. Diese Werte machen deutlich, dass der sehr hohe landwirtschaftliche Flächenanteil von ca. 2/3 der Gemeindefläche es nötig macht, zu überprüfen, wie landwirtschaftliche Flächen Hochwasserabflüsse beeinflussen.

Innerhalb der Gemeinde Grafschaft gibt es über 60 landwirtschaftliche Betriebe mit je einer durchschnittlichen Nutzfläche von 44 Hektar. Dreiviertel der Landwirtschaftlichen Fläche wird als Ackerland genutzt.Die genannten Zahlen verdeutlichen, dass zum Erreichen eines wirkungsvollen Hochwasserschutzes die Ackerflächen aufgrund des enormen Flächenanteils eine wichtige Rolle spielen.

Stark erodierte Feldflur in der Grafschaft

Viele betroffene Anwohner wurden während der vergangenen Hochwasserereignisse vor allem durch das in den Ackerflächen abfließende Außengebietswasser überschwemmt. Zusätzlich lässt schnell abfließendes Außengebietswasser in tieferen Lagen die Pegel der Bäche sehr schnell stark ansteigen. Um die Menge und die Geschwindigkeit des von den landwirtschaftlichen Flächen abfließenden Wassers zu reduzieren, gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, welche die Landwirte treffen können. Auch für die Landwirte selbst zahlen sich viele Hochwasserschutzmaßnahmen aus, da durch den reduzierten Abfluss auch die ungewünschte hohe Erosion stark verringert werden kann.

Außerdem ist der Gedanke wichtig, das viele kleine Maßnahmen dazu beitragen, das in der Summe viel Oberflächenwasser in der Flur zurück gehalten werden kann.

Praxishilfen Landwirtschaft     

 Generelle Empfehlungen:

  • Alle Flächen sollten immer hangparallel gepflügt werden, damit das Wasser in den Pflugspuren zurückgehalten werden kann.
  • Auf stärker geneigten Flächen auf den Anbau erosionsanfälliger Pflanzen wie z.B. Zuckerrüben, Chicorée und Erdbeeren verzichten.

Ausgeprägte Tiefenerosion am Hangfuß einer Zuckerrübenflur

  • Verschiedene Getreidesorten und Raps bieten einen guten Erosionsschutz, erhöhen den Wasserrückhalt und verringern die Erosion.
  • Sehr ungünstige Lagen sollten extensiv als Grünland genutzt werden.
  • Erdbeeren und Zuckerrüben können besser auf geraden Hochflächen angebaut werden. Ein niedriger Wall um die Feldflur verbessert den Wasserrückhalt zusätzlich.
  • Generell sollten unbepflanzte Flächen von Mai bis September unbedingt vermieden werden. Brachflächen oder größere Freiräume zwischen Erdbeer-, Rüben- oder Obstbaum-Reihen sollten bepflanzt werden (sog. Untersaat)

unbewirtschaftete unbewachsene Feldflur mit großen Erosionsschäden in Grafschaft

  • Alle Bearbeitungsmethoden, die die Infiltrationsleitung des Bodens verringern wie z.B. Folientunnel oder ähnliche Versiegelungen, sollten vermieden werden oder durch geeignete Rückhaltemaßnahmen wie z.B. Rückhaltebecken/ Bewässerungsbecken (für mind. 50 Liter je Quadratmeter versiegelter Fläche) ausgeglichen werden.

Mögliche Schutzmaßnahmen

  • lange hanggeneigte Ackerflächen durch Querwälle, Baum- und Strauchreihen oder Wiesenstreifen unterbrechen (Schlagteilung), dadurch wird zu Tal fließendes Oberflächenwasser mehrfach zurückgehalten und verlangsamt. Zusätzlich werden wertvolle Kleinlebensräume für Vögel und Insekten geschaffen.
  • Feldrandstreifen wiederherstellen bzw. wieder verbreitern. Dadurch kann der Wasserrückhalt erhöht werden und die Biodiversität in der Feldflur erhöht werden. Durch die erhöhte Insektenzahl kann der Ertrag von auf Bestäubung angewiesenen Pflanzen (z.B. Obstbäume) erhöht werden.
  • Vorhandene Wegeseitengräben freihalten, indem auf ein Pflügen bis an den Seitengraben verzichtet wird.
  • Rohrdurchlässe freihalten
  • Schaffung eigener Rückhaltungen an Tiefpunkten. Das gesammelte Wasser kann zur Feldbewässerung verwendet werden
  • Konservierende Bodenbearbeitung statt herkömmlicher Bodenbearbeitung
  • Errichten eines Bewässerungsbeckens, in das noch Restvolumen zur Rückhaltung von Oberflächenwasser eingeplant ist.

Empfehlungen zur Einbindung der Landwirtschaft in die örtlichen Hochwasser- und Starkregenvorsorgekonzepte

Starkregen und Überflutungen lassen sich nicht vermeiden. Durch Bodenabtrag von landwirtschaftlichen Flächen, die in die Ortslagen geschwemmt werden, entstehen Schäden für Landwirte und Anwohner. Im Rahmen von örtlichen Hochwasser– und Starkregenvorsorgekonzepten sollen die Landwirte für diese Problematik sensibilisiert und Maßnahmen zur Reduzierung der Erosion durch Wasser erarbeitet werden.

Das IBH hat gemeinsam mit Vertretern der Landwirtschaftskammer, der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum, landwirtschaftlichen Sachverständigen, Ingenieurbüros, Kommunen und dem Kompetenzzentrum Hochwasservorsorge und Hochwasserrisikomanagement Empfehlungen zusammengestellt, wie die örtlichen Landwirte beteiligt werden können. Auch dieser Bereich wird als Teil der Vorsorgekonzepte mit 90 % gefördert.

Erfahrungen und Anregungen können gerne an ibh@gstbrp.de übermittelt werden.

IBH-Einbindung der Landwirtschaft zur Erosionsvorsorge

Wo kann ich mich im Schadensfall hin melden?

Artikel Rhein-Zeitung vom 14.06.2018

Weitere Links zur Recherche:

Landwirtschaftlicher Hochwasserschutz in Schwaigern https://www.uni-hohenheim.de/i410a/steckbriefe/HochwasserSteckbriefe.pdf

Wasserrückhalt durch konservierende Flächenbewirtschaftung: https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb6/prof/BOD/Zusammenfassung.pdf