Praxishilfen Landwirtschaft

Allgemeine Informationen:

Bedingt durch das milde Klima und fruchtbare Böden sind die landwirtschaftlichen Bedingungen in der Gemeinde Grafschaft ideal. Dies führt zu einem vergleichsweise hohen bis sehr hohen Anteil der landwirtschaftlich genutzten Flächen innerhalb der Gemeinde Grafschaft von 63% im Jahr 2015.

Im Bundesdurchschnitt wird in etwa die Hälfte der Fläche landwirtschaftlich genutzt, ein drittel der Bundesfläche ist bewaldet. In der Gemeinde Grafschaft beträgt der Waldanteil knapp 19% und liegt damit deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.

Der Anteil der Siedlungsfläche in der Gemeinde Grafschaft beträgt 16,5%. Im deutschlandweiten Vergleich ist der Anteil der Siedlungs- und Verkehrs-Fläche in der Grafschaft hoch. Diese Werte machen deutlich, dass der sehr hohe landwirtschaftliche Flächenanteil von ca. 2/3 der Gemeindefläche es nötig macht, zu überprüfen, wie landwirtschaftliche Flächen Hochwasserabflüsse beeinflussen.

Innerhalb der Gemeinde Grafschaft gibt es über 60 landwirtschaftliche Betriebe mit je einer durchschnittlichen Nutzfläche von 44 Hektar. Dreiviertel der Landwirtschaftlichen Fläche wird als Ackerland genutzt.Die genannten Zahlen verdeutlichen, dass zum Erreichen eines wirkungsvollen Hochwasserschutzes die Ackerflächen aufgrund des enormen Flächenanteils eine wichtige Rolle spielen.

Stark erodierte Feldflur in der Grafschaft

Viele betroffene Anwohner wurden während der vergangenen Hochwasserereignisse vor allem durch das in den Ackerflächen abfließende Außengebietswasser überschwemmt. Zusätzlich lässt schnell abfließendes Außengebietswasser in tieferen Lagen die Pegel der Bäche sehr schnell stark ansteigen. Um die Menge und die Geschwindigkeit des von den landwirtschaftlichen Flächen abfließenden Wassers zu reduzieren, gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, welche die Landwirte treffen können. Auch für die Landwirte selbst zahlen sich viele Hochwasserschutzmaßnahmen aus, da durch den reduzierten Abfluss auch die ungewünschte hohe Erosion stark verringert werden kann.

Außerdem ist der Gedanke wichtig, das viele kleine Maßnahmen dazu beitragen, das in der Summe viel Oberflächenwasser in der Flur zurück gehalten werden kann.

Praxishilfen Landwirtschaft     

 Generelle Empfehlungen:

  • Alle Flächen sollten immer hangparallel gepflügt werden, damit das Wasser in den Pflugspuren zurückgehalten werden kann.
  • Auf stärker geneigten Flächen auf den Anbau erosionsanfälliger Pflanzen wie z.B. Zuckerrüben, Chicorée und Erdbeeren verzichten.

Ausgeprägte Tiefenerosion am Hangfuß einer Zuckerrübenflur

  • Verschiedene Getreidesorten und Raps bieten einen guten Erosionsschutz, erhöhen den Wasserrückhalt und verringern die Erosion.
  • Sehr ungünstige Lagen sollten extensiv als Grünland genutzt werden.
  • Erdbeeren und Zuckerrüben können besser auf geraden Hochflächen angebaut werden. Ein niedriger Wall um die Feldflur verbessert den Wasserrückhalt zusätzlich.
  • Generell sollten unbepflanzte Flächen von Mai bis September unbedingt vermieden werden. Brachflächen oder größere Freiräume zwischen Erdbeer-, Rüben- oder Obstbaum-Reihen sollten bepflanzt werden (sog. Untersaat)

unbewirtschaftete unbewachsene Feldflur mit großen Erosionsschäden in Grafschaft

  • Alle Bearbeitungsmethoden, die die Infiltrationsleitung des Bodens verringern wie z.B. Folientunnel oder ähnliche Versiegelungen, sollten vermieden werden oder durch geeignete Rückhaltemaßnahmen wie z.B. Rückhaltebecken/ Bewässerungsbecken (für mind. 50 Liter je Quadratmeter versiegelter Fläche) ausgeglichen werden.

Mögliche Schutzmaßnahmen

  • lange hanggeneigte Ackerflächen durch Querwälle, Baum- und Strauchreihen oder Wiesenstreifen unterbrechen (Schlagteilung), dadurch wird zu Tal fließendes Oberflächenwasser mehrfach zurückgehalten und verlangsamt. Zusätzlich werden wertvolle Kleinlebensräume für Vögel und Insekten geschaffen.
  • Feldrandstreifen wiederherstellen bzw. wieder verbreitern. Dadurch kann der Wasserrückhalt erhöht werden und die Biodiversität in der Feldflur erhöht werden. Durch die erhöhte Insektenzahl kann der Ertrag von auf Bestäubung angewiesenen Pflanzen (z.B. Obstbäume) erhöht werden.
  • Vorhandene Wegeseitengräben freihalten, indem auf ein Pflügen bis an den Seitengraben verzichtet wird.
  • Rohrdurchlässe freihalten
  • Schaffung eigener Rückhaltungen an Tiefpunkten. Das gesammelte Wasser kann zur Feldbewässerung verwendet werden
  • Konservierende Bodenbearbeitung statt herkömmlicher Bodenbearbeitung
  • Errichten eines Bewässerungsbeckens, in das noch Restvolumen zur Rückhaltung von Oberflächenwasser eingeplant ist.

Empfehlungen zur Einbindung der Landwirtschaft in die örtlichen Hochwasser- und Starkregenvorsorgekonzepte

Starkregen und Überflutungen lassen sich nicht vermeiden. Durch Bodenabtrag von landwirtschaftlichen Flächen, die in die Ortslagen geschwemmt werden, entstehen Schäden für Landwirte und Anwohner. Im Rahmen von örtlichen Hochwasser– und Starkregenvorsorgekonzepten sollen die Landwirte für diese Problematik sensibilisiert und Maßnahmen zur Reduzierung der Erosion durch Wasser erarbeitet werden.

Das IBH hat gemeinsam mit Vertretern der Landwirtschaftskammer, der Dienstleistungszentren Ländlicher Raum, landwirtschaftlichen Sachverständigen, Ingenieurbüros, Kommunen und dem Kompetenzzentrum Hochwasservorsorge und Hochwasserrisikomanagement Empfehlungen zusammengestellt, wie die örtlichen Landwirte beteiligt werden können. Auch dieser Bereich wird als Teil der Vorsorgekonzepte mit 90 % gefördert.

Erfahrungen und Anregungen können gerne an ibh@gstbrp.de übermittelt werden.

IBH-Einbindung der Landwirtschaft zur Erosionsvorsorge

 

(Mögliche) Alternative Formen des Starkregen- und Hochwasserschutzes im Außengebiet der Gemeinde Grafschaft

Durch den fortschreitenden Klimawandel werden Extremwetterlagen wie die Starkregenereignisse 2010, 2013, 2016 und 2021 auf der Grafschaft immer wahrscheinlicher. Um zukünftig Schäden abzumildern und Vorsorge zu betreiben, stellte die Gemeinde Grafschaft im April 2019 bereits ein umfangreiches Starkregen- und Hochwasserschutzkonzept (HWSK) vor. Folgend soll im Detail auf „alternative“ Formen des Hochwasserschutzes mit Synergieeffekten für die Landwirtschaft eingegangen werden, insbesondere unter den Gesichtspunkten der Erzeugung von erneuerbaren Energien, Wassernutzung und Wasserrückhaltung.

MindMap_Anternative Formen HWS LW der GG

Weitgehend bekannt sind vor allem Maßnahmen technischer Art, wie beispielsweise der Bau von (Hochwasser-)Rückhaltebecken. Die Kosten für einen technischen Hochwasserschutz (z. B. Dammerhöhungen, Rückhaltebecken) werden zukünftig die öffentlichen Haushalte so stark belasten, dass die Entwicklung alternativer Strategien für einen präventiven Hochwasserschutz zunehmend an Bedeutung gewinnen wird. Alternative Formen des Hochwasserschutzes hingegen zielen auf einer Erhöhung der Wasserspeicherfähigkeit der Bodenflächen oder auf die Rückhaltung von Oberflächenwasser in der Fläche ab. Dadurch kann die Abflussgeschwindigkeit von Niederschlägen reduziert und die Wasserinfiltration erhöht werden. Auswirkungen von Extremwetterlagen wie Starkregen oder Dürren werden abgemildert.

 Handlungsbedarf im Außenbereich

Die Ursachen für diese Hochwasserereignisse sind vielfältig. Neben ungünstigen Wetterlagen, spielen Versiegelung und Bodenverdichtung und damit die Reduzierung der Wasserinfiltration in den Boden eine wichtige Rolle. Die Verschlechterung der Infiltrationskapazität von Böden stellt eine Art unsichtbare, schleichende Versiegelung dar. Die schleichende Versiegelung resultiert aber nicht nur aus der Degradation der Boden- und Porenstruktur, bedingt durch den Einsatz immer größerer und schwerer Maschinen, sondern auch in dem Verlust biologischer Aktivität, ursächlich begründet durch vereinfachte Fruchtfolgen und starken Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Eine wichtige Rolle für die Bodenstruktur und die Bildung von Makroporen spielen Regenwürmer, deren Vorkommen aber durch die „moderne“ Landwirtschaft immer mehr zurückgeht. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Anzahl von Regenwürmern in ökologisch bewirtschafteten Böden etwa siebenfach größer ist, als in konventionell geführten Betrieben. Ferner zeigte sich, dass in auf ökologisch bewirtschafteten Böden die Infiltrationskapazität etwa doppelt so hoch, wie in konventionellen Betrieben ist (Schnug und Haneklaus, 2002).

Landwirtschaftlich genutzte Böden besitzen, je nach Bewirtschaftungsart, ein unterschiedlich gut ausgenutztes Infiltrationspotenzial, dass für einen vorbeugenden Hochwasserschutz genutzt werden kann; denn kann die Infiltrationskapazität von Böden durch eine Umstellung der Bewirtschaftung erhöht werden, können erhebliche Wassermengen zeitlich im Boden zwischengespeichert werden und Hochwasserspitzen Vergleichende Untersuchungen der Infiltrationseigenschaften von konventionell und ökologisch bewirtschafteten Böden werden abgemildert.

Der wichtigste Faktor ist hierbei neben der Rückhaltung die Milderung von Wassererosion. Wassererosion ist die Verlagerung von Bodenpartikeln durch oberflächlich abfließendes Wasser. Dieser Verlagerung geht der sogenannte „Splash-Effekt“ voraus, der durch auf die Bodenoberfläche auftreffende Regentropfen ausgelöst wird. Oberflächenabfluss entsteht, wenn das Wasserangebot an der Bodenoberfläche größer ist als die Wasseraufnahmefähigkeit bzw. die Infiltrationskapazität des Bodens.

Die Wasserinfiltrationsrate wird durch die vorherrschenden regionalen Bodeneigenschaften wie Bodenart, Humusgehalt oder hydraulische Wasserleitfähigkeit beeinflusst. In der Grafschaft liegen überwiegend lehm- und lösshaltige Böden vor. Diese haben eine geringe Wasserinfiltrationsrate und sind daher, auch bei bodensensibler Bewirtschaftung, bereits starkregen- und erosionsgefährdet. Da diese Böden das Wasser nur sehr schlecht aufnehmen, ist der Abflussbeiwert bei Starkregenereignissen nahezu bei 1 und somit mit einer versiegelten Fläche gleich zu setzen.

Der Landwirtschaft, als größtem Flächennutzer in Deutschland, kommt daher eine besondere Bedeutung für den vorbeugenden Hochwasserschutz zu. Durch erhöhte Hochwassergefährdung unter den vorhergesagten Klimaänderungen (Arbeitskreis KLIWA, 2007) muss angenommen werden, dass diese Bedeutung zukünftig noch gestärkt wird.

Insgesamt unterteilen sich die alternativen Maßnahmen in drei Kategorien: Maßnahmen auf Flurebene, produktionsorientierte Maßnahmen und Maßnahmen auf Gewässerebene.

Maßnahmen auf Flurebene

Durch viele kleine dezentrale Maßnahmen, die jedoch weitreichend auf Flurebene umgesetzt werden, können die höchsten Effekte für den Wasserhaushalt erzielt werden. Auch lassen sich viele kleinere Maßnahmen besser in die Landschaft integrieren als wenige große Maßnahmen.

Erosionsorientierte Flureinteilung

Zunächst ist die Notwendigkeit einer erosionsschutzorientierten Flureinteilung zu nennen, beispielsweise in Form des sog. Keyline Designs (Schlüssellinienkultur).

Keyline-Desing in Deutschland; Quelle:www.lebensraum-permakultur.de

Ziel ist es hierbei den Wasserrückhalt zu optimieren und eine bessere Verteilung und Speicherung von Niederschlagswasser zu erwirken. Hanglagen werden verkürzt und auch positive Effekte für den Wind- und Erosionsschutz erzielt, zusätzlich wird die Humusbildung gefördert. Als Grundlage hierfür wird die Landschaft anhand von entsprechenden Vermessungen und Analysen auf ihre Geomorphologie hin untersucht, so dass die Wasserabflusslinien bei Niederschlägen bestimmt werden können. Anhand dieser Wasserabflusslinien werden dann, unter Berücksichtigung von Bodentyp, Vegetation und Bearbeitungspraxis, passende Bearbeitungs- und Pflanzmuster erstellt. Diese „Schlüssellinien“ leiten das Oberflächen- und Bodenwasser entlang der Geländekontur. Auch können auf den ermittelten Abflusslinien beispielsweise Gehölz angepflanzt werden, was die Abflussgeschwindigkeit verringert und folglich die Wasserinfiltration verbessert. Wichtig ist dabei auch, eine natürliche, geländebedingte Abflussrinne für den Standort zu wählen. In dieser Geländemulde, die im besten Falle möglichst flach sein sollte, kann ein Grünlandstreifen eingesät werden oder man überlässt die Mulde der Selbstbegrünung. Dies fördert zusätzlich die Abflussverzögerung und den Sedimentrückhalt.

Durch die gegebene Parzellenaufteilung mit „geraden“ Grenzverläufen wäre ggf. eine Neuaufteilung der Eigentumsverhältnisse z.B.  in Form eines Flurbereinigungsverfahrens mit neuen Katastervermessungen notwendig. Außerdem müsste die Art der Bewirtschaftung angepasst werden. Bei extensiv bewirtschafteten Flächen, gerade bei kommunalen, wäre eine Einführung leichter umzusetzen. Weitere Prüfungen und Untersuchungen im Gemeindegebiet wären notwendig, um die Effizienz und die Umsetzbarkeit zu belegen.

 Anlage von Landschaftselementen und Uferrandstreifen

Vor der Flurbereinigung gab es viel mehr Feldraine und Sickerwiesen. Damals waren auf einer Agrarfläche am Hang ein bis zwei Feldraine eingezogen. Das sind kleine Dämme aus Sand oder Erde, die dafür sorgen, dass Wasser auf bzw. vor den Dämmen bleibt. Landschaftselemente und Uferrandstreifen können zusätzlich die Rauheit der Bodenoberfläche erhöhen. Hecken, Feldraine und Feldgehölze verlangsamen den Abfluss, Uferrandstreifen dienen als Filter und Puffer zu landwirtschaftlich genutzten Flächen und verhindern Stoffeinträge. Als positiver Nebeneffekt wird auch die Biodiversität erhöht, da neue Lebensräume und Nahrungsquellen für Vögel und Insekten geschaffen werden. So können Vorgaben aus dem Naturschutz zur Vernetzung von Biotopstrukturen umgesetzt werden (§21 BNatSchG).

Auf Extensiv genutzten Flächen und auch Brach- sowie Ausgleichsflächen der Gemeinde lassen sich solche Strukturen gut umsetzen und werden sukzessiv umgesetzt. Auch die Landwirtschaft hat die positiven Effekte erkannt und setzt immer häufiger solche Landschaftselemente auf eigenen Flächen um.

In Rheinland-Pfalz sind die Breiten eines Gewässerrandstreifens nach den Landeswassergesetz Rheinland-Pfalz (LWG) nicht bestimmt, sondern durch die Obere Wasserbehörde (Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord (SGD Nord)) festzulegen. Die SGD Nord macht von diesem Mittel bisher keinen Gebrauch. Als Entwicklungskorridor eines Gewässers empfiehlt sich aber, im Außenbereich mindestens einen 10-Meter-Uferrandstreifen auf beiden Gewässerrändern einzuhalten.

Durch Förderprogramme der Landwirtschaft wird den Landwirten bereits die Möglichkeit geboten, diese Flächen (z.B. durch Greening) auf der Bewirtschaftung zu nehmen und Förderung zu erhalten. Dies könnte aber noch flächendeckender an den Gewässern weiterverfolgt werden. In den Gewässerentwicklungsplänen, die in den nächsten Jahren angestoßen werden müssen, um weiterhin Förderungen für Gewässerbau zu erhalten, soll dies Berücksichtigung finden.

Rück- und Umbau von Drainagen

Eine weitere Maßnahme stellt der Rück- bzw. Umbau von Drainagen dar. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden Drainagen großflächig eingesetzt und viele der früheren Feuchtbiotope und Auen zur landwirtschaftlichen Nutzung trockengelegt. Heutzutage ist die Situation jedoch anders. Durch den Klimawandel werden langanhaltende Hitze- und Trockenperioden bei gleichzeitig sinkender durchschnittlicher Niederschlagsmenge häufiger und intensiver auftreten. Die beschleunigende Wirkung der Drainagen auf die Abflussgeschwindigkeit ist unter diesen veränderten Umständen also kontraproduktiv, da das Niederschlagswasser so keine Zeit hat in den Boden zu versickern. Jedoch stellt die Planung solcher Maßnahmen für alle Beteiligten eine große Herausforderung dar: Drainagenpläne sind oftmals ungenau oder nicht existent, auch hängt die Wirkung der Drainagen stark von den hydrologischen Standorteigenschaften des Geländes oder der Bodennutzung ab. Auch Art, Lage, Alter und Flächenumfang der Entwässerungsanlage spielen eine wichtige Rolle. Je nach Ausgangssituation und Zielsetzung können Drainagen dann aktiv stillgelegt und entfernt werden oder eingesetzt werden, um Wasser gezielt umzuleiten oder zurückzuhalten. In jedem Fall sind solche Systeme und deren Wirkung im Hinblick auf das sich wandelnde Klima neu zu bewerten.

Drainagen müssen bei bestimmten Bodenverhältnissen und Bewirtschaftungsarten eingesetzt werden. Dennoch sollte die Notwendigkeit von Drainagesystemen auf allen Flächen überprüft werden, gerade, wenn die Flächen wegen der Trockenheiten der vergangenen Jahre zusätzlich bewässert werden musste.

Starkregenangepasster Wegebau

Auch ein angepasster Wegebau kann positive Effekte erzielen, da sich auf Wegen Oberflächenabflüsse bilden und sammeln. Dies kann durch den Einsatz von Deckschichten mit geringer Oberflächenversiegelung reduziert werden. Bei Wegen, die einer starken Nutzung (durch Landwirtschaft oder Radverkehr) unterliegen, ist eine asphaltierte Oberfläche sinnvoll. Hier muss eine Entwässerung sichergestellt werden.

Durch die Öffnung alter (Quer-)Wegeseitengräben oder die Herstellung neuer Grabensysteme wird ermöglicht, das Wasser länger im Außengebiet zu halten. So ist eine Reduzierung der Abflussgeschwindigkeit durch dezentrale Rückhaltung möglich. Eine regelmäßige Unterhaltung der Bestandsgräben ist ebenfalls unumgänglich.

Durch die Änderung der Querneigung der Wege in ein Dachprofil, kann sich das Wasser besser in die Bankette verteilen, womit die Gefahr einer „Wasserautobahn“ sowie das Ausspülen der Wege verhindert werden kann. Hierzu müssen die Wege ggf. umprofiliert und die Bankette regelmäßig abgeschält werden.

Wasserretentionsbecken

Schließlich ist noch der Aushub von Wasserretentionsbecken zu nennen. Das Erdreich wird angepasst an die natürlichen Höhenlinien in Form von naturnahen Gewässern ausgehoben. Im Anschluss wird der Boden des Beckens mit Lehm ausgestampft oder mit Kalk verdichtet, dadurch wird der Boden nicht vollständig abgedichtet, sondern das Wasser kann langsam versickern. Auch können mehrere dezentral gelegene Retentionsbecken miteinander verbunden werden und so eine Wasserzirkulation ermöglichen. Die Wasserverfügbarkeit kann so über Tage und Wochen hinweg verlängert werden. Dabei entstehen nur einmalig Kosten für den Erdaushub und den Lehm, Wartungskosten fallen in der Regel nicht an. Bei den vorherrschenden Grafschafter Bodenverhältnissen würde der zusätzliche Einbau von Lehm nicht notwendig sein.

Größere Wasserretentionsbecken sollten nur mit Genehmigung geplant werden. Bei einem Überstau ist die benötigte Vorflut zu beachten, um nicht die Grundstücke der Unteranlieger zu gefährden. Gerade im Bereich alter Feuchtwiesen wäre eine Neuanlage denkbar. Durch die Vernetzung mit dem Umweltschutz sind solche Maßnahmen wegen der hohen Fördersätze leicht umzusetzen und kostengünstig.

Produktionsintegrierte Maßnahmen

Produktionsintegrierte Maßnahmen für Ackerland, Grünland und Sonderkulturen konzentrieren sich auf die Einflussfaktoren der Wasserinfiltrationsrate, wie zum Beispiel den Grad der Oberflächenbedeckung, also der natürlichen und landwirtschaftlich genutzten Vegetation auf der Bodenfläche. Hauptziel dabei ist es, die Bodenerosion zu vermindern und den Wasserhaushalt zu verbessern.

Anpassung von Schlaggrößen

Die Anpassung von Schlaggrößen kann beispielsweise positive Effekte auf den Wasserrückhalt erzielen. Das Umweltbundesamt gibt hierfür einen Richtwert von 2 Hektar an. Kleinere Schläge ermöglichen mehr Landschaftsstrukturelemente wie Hecken und Gehölze zwischen den einzelnen Kulturen, die wiederum den Wasserrückhalt verbessern. Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall empfiehlt dabei einen maximalen Abstand von 100-300m zwischen Landschaftsstrukturelementen in Fließrichtung des Oberflächenabflusses. Bei einem Längen-Breiten Verhältnis von 1:2 bis 1:5 ergeben sich so Schlaggrößen von 2 bis 15 Hektar. Dabei sind jedoch stets die individuellen Eigenschaften des Landschaftraumes zu beachten sowie arbeitswirtschaftliche, betriebswirtschaftliche und technologische Aspekte. Landschaftsstrukturelemente müssen dabei nicht zwangsweise landwirtschaftlich nicht nutzbare Flächen sein, sondern können in die Bewirtschaftung integriert werden.

Agroforst und Baumfeldwirtschaft

Integrierte Landnutzungssysteme im Bereich der Agroforst- oder Baumfeldwirtschaft sind ein gutes Beispiel für solche landwirtschaftlich nutzbaren Landschaftsstrukturelemente und können einen positiven Effekt auf den Wasserrückhalt erzielen. Hierbei wird die Bewirtschaftungsfläche sowohl mit Gehölzen als auch mit Ackerpflanzen und/oder Grünland bzw. Nutztieren bewirtschaftet. Gehölzreihen schützen vor Wind und Regen und der damit einhergehenden Erosion mit Humusverlust. Der Schutz vor Winderosion ist abhängig von Breite, Höhe, Ausrichtung und Durchlässigkeit der Gehölzreihen – bei ausreichender Größe jedoch können die Windgeschwindigkeiten am Boden um mehr als 70% reduziert werden. Auch erhöhen die Wurzeln der Gehölze die Wasserinfiltrationsrate des Bodens. Tiefwurzelnde Gehölze und Bäume erreichen zudem tiefere Wasservorkommen als Acker- oder Grünpflanzen. Dies bedeutet zusätzliches Wasser im System, welches auch durch die Verdunstung über die Blätter der Bäume einen kühlenden Effekt auf das Mikroklima hat und heißen, schnell austrocknenden Böden entgegenwirkt.

Agroforstsystem in Keyline Design in Brandenburg; Quelle: www.baumfeldwirtschaft.de; Dipl.-FW P. Gerhardt

Neben weiteren ökologischen Vorteilen, wie die Bildung neuer Lebensräume und der geschaffenen Kapazitäten für langfristige Einspeicherung von Kohlenstoff, bieten moderne Agroforst-/Baumfeldwirtschaftssysteme auch wirtschaftliche Anreize. So bieten sie die Möglichkeit für neue Vertriebswege in Form von Nischenprodukten wie Honig, Früchten und Nüssen oder auch schattentolerante Kulturen wie Rüben, Kürbis, Erbsen oder Kräuter. Auch ist die Produktion von Energie- und Stammholz möglich. Besonders die Produktion von Energieholz durch integrierte Landnutzungssysteme stellt eine wertvolle Kombination von alternativen Hochwasserschutzmaßnahmen und der Erzeugung von erneuerbaren Energien dar. Zwar ist die Nutzung von Holz zur Energieerzeugung nicht so ökologisch wie z.B. Wind- oder Solarkraft, eignet sich jedoch hervorragend zur Substitution fossiler Energieträger. Der spürbar voranschreitende Klimawandel und auch die Energiekrise 2022 verdeutlichen die Bedeutung von regenerativen Energierohstoffen als Alternative zu fossilen Energieträgern. Zudem können durch den Anbau von Energiepflanzen auch Biogaskraftwerke betrieben werden.

Sofern möglich sollten Flächen zudem immer hangparallel bewirtschaftet werden. Die hangparallelen Pflugspuren halten das abfließende Wasser zurück, wodurch ebenfalls der Oberflächenabfluss und die Erosion vermindert werden bei gleichzeitiger Verbesserung der Infiltrationsrate. Auch das vorangehend dargestellte Keyline-Design kann auf Feldstück- bzw. Schlagebene effektiv umgesetzt werden. Beratung hierzu findet man z.B. über den Deutschen Fachverband für Agroforstwirtschaft e.V. (DeFAF).

Wahl der Kulturart

Die Wahl der richtigen Kulturart ist für den Wasserrückhalt ebenfalls von Bedeutung. Gerade auf erosionsgefährdeten Flächen, in Hanglage oder auf undurchlässigen Böden sollten keine erosionsanfälligen Pflanzen wie Zuckerüben oder Erdbeeren angebaut werden. Raps und Getreide bieten hier einen besseren Erosionsschutz und erhöhen den Wasserrückhalt. Auch sind Bearbeitungsmethoden die den Boden gänzlich versiegeln -wie etwa Folientunnel (ohne Rückhaltung)- für die Wasserinfiltration kontraproduktiv. Den größten Effekt auf die Wasserinfiltration haben hier mehrjährige Pflanzen. Auch hier können positive Effekte gleichzeitig auf Wasserrückhalt und Erzeugung erneuerbarer Energien erzielt werden – als alternative Biogasfruchtfolge zu Mais beispielsweise können mehrjährige Energiekulturen wie die „durchwachsene Silphie“ angebaut werden. Mehrjährige Pflanzen oder der Anbau von Zwischenfrüchten oder Untersaaten ermöglichen eine dichte Bodenbedeckung die vor Bodenerosion schützt und durch die Durchwurzelung die Böden auflockert und die Wasserinfiltrationskapazität steigert.

Lockerung der Böden oder bodenschonende Bewirtschaftung

Auch eine mechanische Lockerung der Böden mit speziellen Pflügen oder Bodenmeißeln kann die Infiltrationsrate verbessern, indem dichtlagernde Schichten aufgebrochen werden. Dies ist jedoch nicht für alle Böden geeignet und zudem kostenintensiv. Bei vielen Flächen reicht schon eine schonende Bewirtschaftung des Bodens aus, um die Wasserspeicherfähigkeit der Böden langfristig zu erhöhen. Dabei wird die Bearbeitung des Bodens reduziert und z.B. im Rahmen einer konservierenden Bodenbearbeitung auf eine wendende Bearbeitung mit Pflug verzichtet. Dies erhält die Bodenstruktur, erhöht den Grad der Bodenbedeckung und verringert so Erosion und Humusverlust. Auch wird so einer Verschlämmung des Bodens bei Niederschlag entgegengewirkt.

Der Erhalt des Humusanteils im Boden beziehungsweise der Humusaufbau durch die Ausbringung von Kompost oder Maßnahmen der ökologischen Landwirtschaft verbessern ebenfalls den Wasserrückhalt der Flächen – Humus bietet Nahrung für Bodenlebewesen wie Regenwürmer, die den Boden auflockern und so wasserdurchlässiger machen. Auch kann Humus das Fünffache seines Gewichts in Wasser aufnehmen und erhöht somit die Speicherkapazität der Böden enorm. Neben Kompost oder Ernterückstände, die für den Humusaufbau in die Böden eingearbeitet werden, können auch beispielsweise Pellets aus Schafswolle ausgebracht werden um die Wasserhaltefähigkeit bei trockenen Böden zu steigern.

Insgesamt können auf landwirtschaftlicher Ebene durch produktionsintegrierte Maßnahmen, vielfältigere Fruchtfolgen und ökologischer Kombinationen verschiedener Kulturarten große Effekte auf die Wassersspeicherfähigkeit der Böden erzielt werden, was die Risiken der Auswirkungen von Starkregenereignissen und Trockenperioden abmildert.

Maßnahmen am Gewässer/ Gewässerrenaturierung

Gewässerbezogene Maßnahmen zielen auf einen gleichmäßigen Wasserabfluss und die Förderung der Wasserbildung ab. Dabei wird die Fließstrecke des Gewässers verlängert, während der Abfluss durch eine erhöhte Profilrauheit verlangsamt wird – renaturierte Auen und Feuchtbiotope dienen dabei als Rückhalteflächen bei Uferübertritten.

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 Möglichkeiten zur Erzeugung Erneuerbarer Energien durch Hochwasserschutz

Alternative Hochwasserschutzmaßnahmen haben im Übrigen nur geringe Überschneidungen mit der Erzeugung von erneuerbaren Energien. Durch produktionsintegrierte Maßnahmen können z.B. Biogasanlagen betrieben werden, jedoch braucht es hierfür auch eine ausreichend hohe Produktion von Energiepflanzen oder einen hohen Anteil an Viehwirtschaft. Solarenergie und Windenergie haben bisher kaum Schnittstellen mit Starkregen- und Hochwasserschutzmaßnahmen.

Argri-Photovoltaik

Unten Kulturpflanzen, oben Solarstrom – mit dem System der Agri-Photovoltaik können Ackerflächen effizient und dabei ökologisch genutzt werden. Das System könnte künftig auch Konflikte um den Gebrauch von landwirtschaftlichen Böden im Zuge der Energiewende entschärfen und in bestimmten Fällen sogar zur Starkregen- und Hochwasservorsorge beitragen.

Die Testphasen sind bereits gelaufen und die Technologie hat sich bewährt – in verschiedenen Ländern weltweit. Die Bedingungen sind immer etwas anders und wurden jeweils optimal angepasst. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) hat daher nun einen Leitfaden herausgegeben. Das Forschungsinstitut hatte die Technologie in Deutschland erstmals umfassend erprobt. Die Forscher geben in ihrem Leitfaden aktuelle Informationen über die Technologie, ihr Potenzial sowie den aktuellen Entwicklungsstand. Ziel ist es, Landwirten, Kommunen und Unternehmen praktische Hinweise zur Nutzung der Agri-PV an die Hand zu geben. Auch Vorschläge für eine Anpassung des rechtlichen Rahmens sind in dem Werk enthalten.

Klimaschutzministerin Katrin Eder beim Besuch der Agri-PV Anlage in Grafschaft; © MKUEM

Die Agri-Photovoltaik bringt Solarstromerzeugung und Landwirtschaft unter einen Hut. Eine Fläche kann so gleichzeitig der landwirtschaftlichen Nahrungs- und Futtermittelproduktion als auch der Solarstromerzeugung dienen. Dies reduziert die Konkurrenz um landwirtschaftliche Flächen und trägt zu einer effizienteren Landnutzung bei. Und die aufgeständerten Solarmodule können noch mehr: Sie bieten Schutz vor Hagel-, Frost- und Dürreschäden und machen Schutzfolien und andere Materialien überflüssig. Auch könnte eine Reduktion der Windlasten und der Sonneneinstrahlung zu einem geringeren Wasserverbrauch in der Landwirtschaft beitragen.

Agri-PV-Anlagen, die gleichzeitig auch Oberflächenwasser auffangen und zurückhalten, sind noch nicht viel erprobt. Daher wäre, bevor man größere Projekte in Planung bringt, eine Projektanlage zu bauen, um die Praxistauglichkeit und die Effizienz unter realen Einsatzbedingungen beurteilen zu können.

Dabei geht es jedoch nicht um mehrere Millionen teure Regenrückhaltebecken, welche extrem stabil gebaut werden müssen. Der große Unterschied liegt im Standort der Becken. Solche Anlagen stehen nur am Rande von Springbächen und müssen sich nicht der geballten Kraft der Sturzfluten entgegenstemmen, sondern nur etwas Wasser davon abzweigen. Die kleinen Becken werden in beliebiger Länge in Breiten von 10 bis 24 Metern angeboten. Die größeren Becken beginnen ab einer Breite von 80 Metern. In beiden Fällen erhalten die Becken ein halboffenes Dach mit Ost-West Giebeln ähnlich der folgenden Abbildung.

Photovoltaik-Wasserspeicher, Quelle www.feldraine.de

Während man früher nur über eine Fläche und die Höhe der Pacht verhandelt hat, ermöglichen die Wasserspeicher und der Flutschutz nun eine dreiteilige Strategie und Verhandlungsoptionen. Man verhandelt zukünftig erstens über die Größe des Wasserspeichers, zweitens die Größe der Solarpark-Fläche und einer möglichen Agri-Photovoltaik-Variante des großen Solarparks, sowie drittens über zusätzliche Feldrain-Solaranlagen. Da ist zum einen die Fläche für den Wasserspeicher. Diese liegt meist am unteren Ende eines Feldes und in der Nähe eines Springbaches oder Entlastungsgrabens, aus denen bei Regen der Speicher gefüllt werden kann. Um diesen Speicher kostenlos zu bekommen, muss der Landwirt auch über eine weitere geschlossene Solarpark-Fläche verhandeln, durch die das Gesamtprojekt für den Investor rentabel wird. Weiterhin hat man in der Regel um dieses Kraftwerk herum mehrere Felder mit Erosionsschäden, auf denen über weitere Photovoltaik-Installationen verhandelt werden kann.

Diese einzelnen Reihen von Photovoltaik-Freilandanlagen übernehmen die Funktion von klassischen Feldrainen und stauen das Wasser und führen es zusätzlich möglichst schlammfrei an den Wasserspeicher ab. Durch diese Hangtrennung werden Erosionsschäden auf dem ganzen Hang vermieden, da das Wasser dann nicht mehr großflächig über das Feld fließt.

Integrierte PV-Anlage mit Retentionsbecken, Quelle: Volker Korrmann

Von Solaranlagen, die die Energie der Sonne in Strom wandeln, geht im normalen Betrieb keine Gefahr aus. Aber wie bei allen elektrischen Geräten auch, ist bei Solaranlagen mit und ohne Batteriespeichersystem bei einem beispielsweise durch eine Überflutung hervorgerufenen Wassereintritt Vorsicht geboten. Um das Risiko eines Stromschlags zu vermeiden, dürfen überflutete Räume, in denen Wechselrichter oder andere Installationen der Solaranlage noch unter Spannung stehen, nicht betreten werden. Auch dieses Problem darf man bei der Prüfung einer solchen Anlage nicht außer Acht lassen.

Doch es gibt auch Hürden für die Nutzung von Agri-PV in Deutschland. So erhalten Agri-PV-Anlagen aktuell in den meisten Fällen keine kostendeckende Einspeisevergütung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) und die landwirtschaftliche Nutzung fällt aus der EU-Agrarförderung. Auch wird die flächenneutrale Agri-PV im Baugesetzbuch nicht privilegiert. All dies hemmt die Nutzung der Technologie.

Um die Hemmnisse zu beseitigen, schlagen die Forscher Änderungen vor, die die Agri-PV besser in den ordnungspolitischen Rahmen einbetten sollen. Auch die frühzeitige Beteiligung der Bürger vor Ort wird als entscheidendes Erfolgskriterium genannt. Bei der bewegten Topografie des Gemeindegebietes wäre speziell zu prüfen, ob solche „Becken“ überhaupt wirtschaftlich realisiert werden könnten. Ebenfalls wäre, wie bei den bereits beschriebenen Wasserretentionsbecken, eine Vorflut bei Überstau nachzuweisen.

Wasserkraftanlagen

Fraglich bliebe noch die Nutzung der Wasserkraft. Es gibt „Mini-Wasserkraftwerke“, die auch in kleineren Gewässern eingesetzt werden können. Diese sind entweder kleine Wasserturbinen oder moderne, in den Gewässerlauf einsetzbare Schaufelrad-Systeme. So ist als Beispiel die Firma Aquakin GmbH zu nennen, die innovative Produkte entwickelt hat um auch bei kleineren Gewässern die Nutzung von Wasserkraft zu ermöglichen. Es erzeugt aus der kinetischen Energie an nahezu jedem Flusslauf bis zu 70.000 kWh elektrischen Strom im Jahr und ist daher auch für kleine Kommunen interessant. Dabei ist das Kraftwerk im Betrieb leicht wartbar und transportabel. Das Kraftwerk stellt laut Aussage des Herstellers eine Hilfe für auf- und absteigende Fische dar und schützt Flora wie Fauna.

Modernes „Mühlrad“ Modell Blue Freedom Kinetic der Fa.Aquakin GmbH

Die Bäche der Gemeinde Grafschaft bieten jedoch nach ersten Einschätzungen nicht die geeignete Fließgeschwindigkeit, Wassertiefe und Bachbreite, um solche Anlagen effizient zu betreiben, da diese für langsam fließende und flache Gewässer konzipiert sind. Zudem sind Konzepte zur Nutzung der Wasserkraft von kleinen Gewässern noch recht neu, nicht ausreichend erforscht und nicht in breiter Masse verfügbar.

Eine solche Anlage wäre auf als Testbetrieb bei einer solchen Fa. anzufragen oder im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie zu testen. Nur so wäre zu ermitteln, ob eine solche Anlage in unseren Gewässern betrieben werden könnte.

Als interessanter Ansatz (wenn auch nicht mit Hochwasserschutzmaßnamen kombinierbar) sind hierbei noch Rohrturbinen zu nennen, die in vertikalen Trinkwasserleitungen eingesetzt werden können und die Fließgeschwindigkeit des Wassers in Energie umwandeln. Die Effizienz solcher Rohrturbinen hängt allerdings stark von der Größe der Wasserleitungen ab, ebenso von der Durchflussmenge.

 Fazit

Schutz und Anpassung gehören zusammen

In den trockenen Sommern der vergangenen Jahre traten häufiger Starkregenfälle auf, die aber die Wasservorräte nicht auffüllten. Weil ausgetrocknete Böden kaum Wasser aufnehmen, wurde öfter wertvoller Oberboden abgeschwemmt. Die Dürren der vergangenen Jahre machen deutlich, dass wir einen anderen Umgang mit den beschränkter werdenden Wasserressourcen entwickeln müssen.

Es ist nötig, Niederschläge in der Landschaft zu halten und zielgerichteter und effizienter zu nutzen. Anpassung an den Klimawandel bedeutet eine nachhaltige Veränderung unserer Wirtschafts- und Lebensweise – und sie ist bereits jetzt nötig. Dringlich bleibt ein umfassender Klimaschutz, also die Verringerung der Emission von Treibhausgasen, um die Erwärmung aufzuhalten. Daher sollten beim Thema Klima die Anpassung und der Schutz zusammen gedacht werden. Neben Maßnahmenprogrammen auf Bundesebene liegen in den Ländern Strategien und Maßnahmenpläne vor, die die Akteure bei der Anpassung an den Klimawandel befähigen und unterstützen sollen. Die Maßnahmen zum Umgang mit den Klimafolgen sollten absehbare Veränderungen und Szenarien einbeziehen und eine nachhaltige Entwicklung fördern. Dabei sind naturbasierte Lösungen besonders wichtig: Eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zeigt auf, dass diese meist positiver abschneiden als rein technische Lösungen, wenn die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt in den Blick genommen wird. Vorteilhaft sind Maßnahmen, die unterschiedliche Anforderungen verknüpfen.

Alternative Hochwasserschutzkonzepte bieten großes Potential, nicht nur um den Auswirkungen von Starkregenereignissen entgegen zu wirken, sondern auch um Dürren zu vermeiden und Landschaftsbilder durch naturnahe, ökologische Maßnahmen positiv zu prägen. Allerdings wirken diese Maßnahmen nur, wenn sie großflächig und vor allem langfristig umgesetzt werden. Eine intensive Zusammenarbeit von Verwaltung, Landwirtschaft, den Bürgern der Gemeinde Grafschaft sowie weiterer Betroffener ist dabei unabdingbar, da die Umsetzung alle beteiligten Akteure vor große Herausforderungen stellt. Auch würde die Umsetzung eines Gesamtkonzepts alternativer Hochwasserschutzmaßnahmen in den Außengebieten erhebliche Geldmittel benötigen. Allerdings haben die Kosten solcher Maßnahmen gegenüber den Kosten der Folgen von Extremwetterlagen einen Vorteil: Sie sind kalkulierbar. Ebenfalls gibt es für viele der Maßnahmen umfangreiche Förderungsmöglichkeiten.

Vereinfacht gesagt mildern also zwei Faktoren die möglichen Auswirkungen von Starkregenereignissen ab: Zeit und Raum. Das Niederschlagswasser muss in seinem Abfluss verlangsamt werden, während Bodenflächen gleichzeitig aufnahmefähiger werden müssen. Dies gibt dem Wasser Zeit um zu versickern. Gleichzeitig braucht das Wasser entsprechende Retentionsfächen, mit genug Raum kann sich das überschüssige Wasser ausdehnen und wird zurückgehalten. So können durch alternative Maßnahmen der Hochwasserschutz erhöht werden und gleichzeitig positive Effekte für Umwelt- und Naturschutz erzielt werden. Es empfiehlt sich dabei auch die Beratung von Landschaftspflegeorganisationen in Anspruch zu nehmen, da solche Konzepte ein hohes Maß an technischem Sachverstand und Expertise verlangen.

Gleichzeitig muss diese Art des Starkregen- und Hochwasserschutzes mit den Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes verknüpft, geprüft und koordiniert werden. Nur ein allumfassendes Vorsorgekonzept kann die Maßnahmen sinnvoll steuern und die Wirksamkeit maximieren.

Regional zusammenarbeiten

Bei der Entwicklung von Maßnahmen gilt es vieles erst zu erproben: Was ist jetzt bereits umsetzbar? Was kann in Folgeschritten gelingen? Und es geht um die Frage, wo neue Wege gegangen werden sollten, um Klimafolgen zu minimieren und gleichzeitig den ländlichen Raum lebenswerter zu gestalten.

Klimafolgen betreffen unterschiedliche Handlungsbereiche: menschlicher Gesundheit über das Bauwesen, die Land- und Forstwirtschaft bis hin zur Verkehrsinfrastruktur und Tourismus. Für die Anpassung vor Ort ist es bedeutsam, sich untereinander zu vernetzen und die Frage aufzuwerfen, ob alle relevanten Akteure mitgedacht wurden. Die Abstimmung zwischen benachbarten Landkreisen und Gemeinden ist wertvoll und oft unerlässlich, wenn beispielsweise eine Gewässerrenaturierung über die eigenen Verwaltungsgrenzen hinaus umgesetzt werden soll.

Wo kann ich mich im Schadensfall hin melden?

Artikel Rhein-Zeitung vom 14.06.2018

Weitere Links zur Recherche:

Landwirtschaftlicher Hochwasserschutz in Schwaigern https://www.uni-hohenheim.de/i410a/steckbriefe/HochwasserSteckbriefe.pdf

Wasserrückhalt durch konservierende Flächenbewirtschaftung: https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb6/prof/BOD/Zusammenfassung.pdf